Schade deshalb, weil die
Gestaltung von Plakaten dazu zwingt, die Botschaft knapp und
präzise an den
Adressaten zu bringen: nicht bewegte Bilder - mit Musik und Text
untermalt -
oder Anzeigenserien in vielfacher Wiederholungsfrequenz sollen die
Auf-merksamkeit des potentiellen Publikums erwecken, sondern Plakate
müssen
Blickfang und kurzgefasstes Informationsmedium gleichzeitig sein: Wer?
Was? Wo?
Wann?
Deshalb, weil sie nur auf
einen festen (Zeit-) Punkt hin ausgerichtet sind und jeweils ein
Unikat:
Konzertplakate weisen auf das eine musikalisches
Ereignis in einer Stadt hin, auf nichts mehr.
Deshalb auch, weil sie immer
schon auch ein Mittel künstlerischer Gestaltung waren, es sei in
diesem
Zusammenhang nur an die Plakate eines
Andy Warhol oder eines Toulouse – Lautrec
erinnert, die heute noch als Kunstwerke in den Museen der Welt
bewundert
werden.
Plakate sind aber zugleich
ein stilistisches Zeugnis ihrer Zeit; geben Auskunft über die
„Wichtigkeit“ des
Beworbenen und sie spiegeln die Möglichkeiten - auch die
finanziellen ihrer
Auftraggeber oder Autoren - wider. Von der einfachen, selbst gestalteten Information im Schaukasten des
Veranstaltungsortes bis hin zu breit angelegten Kampagnen für
musikalische
Großereignisse: eine reiche Palette mit einer riesigen
Gestaltungsvielfalt.
Es gab und gibt immer
wieder Werkschauen von einzelnen
Plakatkünstlern wie John Heartfield, Andy Warhol oder Klaus Staeck und themenorientierte Ausstellungen
wie „Werbeplakate“, eine Rarität aber
ist eine
Ausstellung von Plakaten eingerichtet worden, in der Plakate zu
Bewerbung eines
Produkts, in diesem Fall eines Künstlers gezeigt werden.
Die Ausstellung
„Stationen“ zeichnet den Werdegang des
musikalischen Welten-bummlers Siegfried Behrend anhand seiner
Konzertplakate
nach, angefangen bei den ersten Versuchen des noch 17-jährigen
Künstlers, in
der entbehrungsreichen Nachkriegszeit mit teilweise graphisch
eigenwillig
selbstgestalteten Plakaten auf sich aufmerksam zu machen und der ersten
Erwähnung auf Konzertankündigungen eines Zupforchesters als
Gitarre - Solist.
Dann die Arbeit an der
komischen Oper in Berlin und die Zusammenarbeit mit der Tänzerin
Ilse Meudtner
zu Beginn der 50-er Jahre; die ersten Erfolge werden dadurch deutlich,
dass der
Name Behrend immer größer erscheint.
Dann der Weg zum Zenit des
Erfolgs mit großflächigen Plakatgestaltungen und
entsprechend großen Lettern
für Behrend allein, zusammen mit der Sängerin Belina oder mit
seiner Frau, der
Schauspielerin Claudia Brodzinska. Plakate, die oft genug tausende von
Menschen
in die Konzertsäle dieser Welt einluden.
Dann – in seine letzten
Lebensjahren und auf den Abbildungen
schon von Krankheit gezeichnet, zusammen
mit seinen ehemaligen Schülern Martin Krüger und Michael
Tröster – im Duo; auf
dem letzten Plakat erstmals ohne eine eigene Gitarre.
Beachtenswert ist besonders
in den konservativen 60-er Jahren die ungewöhnliche Darstellung
Behrends als
Interpret klassischer Musik: zu Zeiten, als sich andere Künstler
zumindest im
schwarzen Frack und in kunstvoller Pose ablichten ließen, zeigte sich der eigenwillige Gitarrist im
einfachen schwarzen Mantel oder im Rollkragenpullover inmitten des
Großstadtgetümmels, oft genug lässig mit einer
Zigarette im Mundwinkel.
So wie die
Konzertveranstaltungen und Behrends musikalischer Stil
sind konsequenterweise auch die Plakate der
60-er und der frühen 70-er Jahre gestaltet.
Die Beschränkung auf das
Wesentliche im Bühnenbild – oftmals nur ein Stuhl vor schwarzem
Hintergrund,
angestrahlt von einem einzigen Scheinwerfer -, das schnörkellose,
unromantische
und partiturorientierte Spiel des Künstlers mit
leidenschaftslosem, fast
gleichgültigem Gesichtsausdruck, der Verzicht auf
überflüssige
Show-Mätzchen, spiegelt sich in der plakativen Gestaltung wider:
sachliche, existenzialistisch anmutende schwarz-weiße Graphiken,
die sich
teilweise nur auf die Darstellung der Umrisse beschränken, mit
kurzen, knappen
Informationen zum musikalischen Geschehen. Authentizität nicht nur
im
konzertanten Spiel und in der Behrend – typischen Aufnahmetechnik der
Schallplatte, sondern auch in der Ankündigung seines Tuns.
Gegen Ende der 60-er Jahre
wandte sich der vielseitige Künstler zunehmend auch der neuen Musik – der Avantgarde – zu: die
entsprechenden Konzertankündigungen passten sich
in der graphischen Gestaltung stilistisch
auch hier den musikalischen Inhalten an.
Von den fünfziger Jahren bis
zum Beginn der neunziger: eine immens lange Spanne internationaler
künstlerischer Präsenz, die sich in den jeweiligen
Konzert-ankündigungen
widerspiegelt.
Wir haben versucht, aus den
einigen hundert uns vorliegenden Plakaten zu den Konzerten Behrends
einen
möglichst repräsentativen Querschnitt herauszusuchen – sowohl
unter zeitlichen
als auch unter inhaltlichen Aspekten.
Parallel zu den Plakaten
werden in der Ausstellung chronologisch zugehörige Bühnen-
und Privatfotos des
Künstlers zugeordnet, um die enge Korrespondenz zwischen Plakat-
und
Bühnenerscheinung zu verdeutlichen.
Die meisten Daten ließen
sich naturgemäß sehr einfach ermitteln, sind sie doch auf
den jeweiligen
Plakaten aufgedruckt.
In Fällen, in denen nur das
Datum, nicht jedoch das Jahr angegeben ist, wurde die Jahreszahl
einerseits
durch Abgleich von Datum und Wochentag, andrerseits durch den Standort
in der
chronologisch sortierten Originalsammlung Behrends ermittelt.
Bedingt durch das Druckverfahren
können die Abbildungen nur in schwarz-weiß wiedergegeben
werden – was in den
meisten Fällen dem Original entspricht. In Fällen farblicher
Gestaltung der
Plakate werden die jeweils verwendeten Farben vermerkt. Sofern nicht
anders
angegeben handelt es sich um Siebdrucke.